Jacopo Larcher und Barbara „Babsi“ Zangerl gelang die erste Single-Rotpunktbegehung der Route „Odysee“ (X-/8a+) in der Eiger-Nordwand. Die beiden benötigten dafür 4 Tage und spielten dabei ihre ganze Routine als erfahrene Bigwall-Kletterer aus. Die beiden Kletterer durchstiegen alle Seillängen frei und mit Wechselführung. Die Schlüsselseillängen sie beide jeweils Rotpunkt nacheinander geklettert. Die Route dürfte die derzeit schwerste Route durch die berüchtigte Nordwand sein.

Die Route wurde im Sommer 2015 erstmals von Roger Schäli, Robert Jasper und Simon Gietl durchstiegen, nachdem die beiden Ersteren die Route von 2009-2013 schon teilweise einrichteten.

Wie bei einer Expedition oder beim Alpinklettern in großen Wänden üblich, wurde immer von unten, Seillänge für Seillänge im sogenannten „Ground up Style“ eröffnet! Vom Wandfuß führt die Kletterei zuerst über bekanntes Gelände der klassischen Heckmair-Route (1938) bis zum Stollenloch. In der Wandzone der Roten Fluh wird dann extremes Neuland betreten. Überhängend geht es in direkter Linienführung hinauf.

Der Fels ist über weite Strecken erstaunlich gut und sehr kompakt. In solch einer riesigen Wand, insgesamt 1400 Meter hoch, ein extrem schwieriges Unterfangen zumal die Wetterbedingungen in der Eiger Nordwand sehr stark schwanken. Wetterstürze mit Regen und Schnee so wie vereister Fels und der gefürchtete Steinschlag erschwerten neben der extremen Kletterschwierigkeit im zehnten Grad bei heikler Absicherung das Unternehmen. „Dieses Jahr stimmte aber alles auf den Punkt!“ – so Jasper. “ Die Motivation war sehr hoch und wir waren 100% fit. Das hätte aber nie gereicht! Wir hatten auch noch großes Wetterglück! Der zweitbeste Sommer seit 150 Jahren!“

Ab Wandmitte wurde dann das Deutsch-Schweizerische Team vom jungen Südtiroler Simon Gietl verstärkt. „Simon brachte frischen Wind in unser Team und unterstützte uns tatkräftig! Wir wuchsen zu einer sehr schlagkräftigen Seilschaft zusammen!“ Einerseits wurde die Erstbegehung immer weiter voran getrieben, gleichzeitig wurden aber auch alle Seillängen im „Team-Rotpunkt-Style“ frei geklettert.

Robert Jasper berichtet:“ Wir lebten zwei Monate, fast ununterbrochen, in der schattigen und eiskalten Nordwand und nutzten jede Chance! Als wir dann im Nebel bei einbrechender Dunkelheit den Ausstieg erreichten war das ein unbeschreiblicher Moment. Unsere Irrfahrt durch die Steilwand, unsere Odyssee, fand ein gutes Ende!“

Die Technische Daten:

  • Wandhöhe: 1400 Meter/ 30 Seillängen
  • Erstbegehung : Versuche/ Vorbereitung: 2009 bis 2013 durch Roger Schäli und Robert Jasper
  • Erstbegehung der gesamten Route im Juli- August 2015 durch Roger Schäli und Robert Jasper und Simon Gietl im „Team- Rotpunkt –Style“.
  • Die Absicherung ist sportlich mit rostfreien M10 Petzl-Bohrhaken und z.T. im „Trad Style“ mit Schlaghaken. Es werden zur weiteren Absicherung 2 Sätze Camlots benutzt. Für den Notfall empfiehlt sich die Mitnahme eines Hammers, 2-3 Messerhaken und 2 Pecker. (Expo bis E5!)
  • Routenverlauf: Einstieg vom Eigergletscher 2320 Metern zum Wandfuß und über die klassische Nordwand (Heckmair- Route, 1938) bis zum Stollenloch. Weiter über die überhängende Rote Fluh und den Tschechenpfeiler bis zum Ausstieg auf ca. 3700 Metern (siehe Topo!).

Jacobo meint zu ihrer Begehung: „We had just 4 days time between some obligations, but we really wanted to try this beautiful route… so we didn’t check the weather and we just went for it. We started in the rain, climbed some very wet pitches, shared a single ledge ( #bdofficeibkcrew for the fly), got all our bivy gear wet and rapped down in the rain. We almost had to bail, but we kept the motivation and the hope high and eventually everything went well. After 4 days we managed to both free climb this outstanding line, living another cool adventure together. Big up to @rogerschaeli, @robertjasperextremeclimber and @gietlsimon for putting up such a journey trough Eiger’s steepest part! … and of course to @paolosartophoto for joining us on the first days to document our adventure. It definitely wasn’t easy. Check out my stories in the next days to discover more about it.“

Fotos: (c) Paolo Sartori