Zu Beginn der Wintersaison hatten sich David Bruder und Martin Feistl die „Sagzahnverschneidung“, die Verschneidung zwischen Schrammacher und Sagwand, als Ziel vorgenommen. Den Tipp hatte Martin von Silvan Metz bekommen: „Mach die Sagzahnverschneidung, die steht außergewöhnlich gut da“, schreibt Silvan Metz. Durch diese vorhergesagt guten Bedingungen konnten sie die A2-Stelle durch die vorhandene Eisauflage freiklettern und sich so auch die vermutlich erste Wiederholung der Route sichern.

Die „Sagzahn-Verschneidung“ ist eine anspruchsvolle Mixed-Kletterei an sehr brüchigen Fels und deswegen eigentlich nur im Winter ein Ziel.

Im Februar 2018 gelang, dem letztes Jahr tödlich verunglückten, David Lama zusammen mit Peter Mühlburger die Verschneidung zwischen Schrammacher und Sagwand zu klettern. Die „Sagzahn-Verschneidung“ ist 800 Meter hoch und wurde von den beiden mit „M6/A2“ eingestuft. Schon im 2013 realisierte er mit Hans-Jörg Auer und Peter Ortner die erste Winterbegehung des „Schiefen Risses“ in der Nordwand der Sagwand. Für David war die „Sagzahnverschneidung“ das Ende einer fünf Jahre langen Odyssee, in der David dreimal erfolglos versucht hatte, die „Sagzahn-Verschneidung“ zu durchsteigen.

Hier der Bericht vom Martin, den wir aber, auch wenn seine Idee mit der Dreiteilung ganz gut war, hier doch in einem Stück abbilden:

„Alljährlich wenn die Tage kürzer werden, wird der Kontakt mit David Bruder bilateral wieder enger. Klar, gibt auch nicht viele, mit denen man so schön in der Kälte frieren, fluchen und trotzdem immer (irgendwann) hochkommen kann.

Nur was? „Mach die Sagzahnverschneidung, die steht außergewöhnlich gut da“, schreibt Silvan Metz. Na gut. Viel Eis ist meistens besser als wenig. Außer es fällt einem auf den Kopf. Aber erst mal kurz Googlen was das für eine Tour ist – oh, David Lama? M6 und A2? Techno? Ich? Und oh, da gibt’s ein Video? Besser nicht anschauen, sonst ist der Onsight schon versaut, bevor das Fürchten losgeht. Ich schicke David (also dem anderen) kurz die Info wo wir (er – schmarotzender Teufelsmiley) hinfahren müssen und ein paar Stunden später steh ich mal wieder mit einem 70l Rucksack verloren in den Weiten eines Münchner Bahnhofs.

Wieder ein paar Stunden und unzählige hilfreiche Infos von Silvan später wackeln David und ich gegen 4 Uhr morgens zur Wand. Wobei wackeln in diesem verstrüppten und um mittlerweile 5 Uhr morgens wirklich erstaunlich dunklen Moränenschotter mehr auf meinen versteiften Gehapparat zutrifft, denn je. Aber irgendwann hat auch das ein Ende und wir stehen hechelnd mit heiß gelaufenen Waden unter der Verschneidung, die das eigentlich nicht Mal im Ansatz ist. David raucht erst mal eine, ich dagegen sitze da und frag mich, warum ich jetzt nicht Sportklettern bin. Die Antwort kommt sofort: Keine Ahnung.

(An dieser Stelle würde jetzt die Beschreibung der Kletterei anfangen. Weil aber nicht jeder so viel Zeit haben kann, wie ich, wird der Post in laute kleine Schnipsel zerlegt. Wie so ein Adventskalender, nur im November.)- Im Original ja dreigeteilt.

Na jetzt aber… zum Hauptteil. Nach der ersten blutigen Nachsteiger-Nase der Saison war ich dran. Und oh, das schaut ja gar nicht mehr so „flowig“ aus, am anderen Ende des Seils? Ich lege hier einen schlechten Cam, dort eine miese Eisschraube, klettere hoch und runter aber traue mich noch nicht so ganz auf den vollständig gelösten Eisstrukturen zu queren. Irgendwann schlage ich dann noch einen schlechten Haken dazu und weil 3 Mal schlecht mindestens ein Mal gut genug ergibt, geht’s endlich weiter. Nach einer kürzeren Länge von David Bruder ohne fix eingerichtetem Standplatz kommt eine der besten Mixed-Längen der Saison. Fast 50 Meter kombiniertes Gelände mit einer enorm ausgesetzten Querung an den gelösten Eisstrukturen und absolut delikat abzusichern. Wenn’s doch nur so weiter gehen könnte?

Dann wärs ganz schön unangenehm und dunkel geworden. David klettert noch am laufenden Seil bis in flacheres Gelände, dann entscheiden wir, ohne, dass es wirklich jemand entschieden hätte, dass das mit den Seilen nervt und wir sie hier lassen. Irgendwann bei einem der vielen Steilaufschwünge, die wir zu dem Zeitpunkt, als wir die Seile unten gelassen haben nicht gesehen haben, grummelte David irgendwas von „auch wieder runter“. Aber mit Paul Preuß in den Gedanken ging auch das irgendwie. Jetzt nur noch fünfmal abseilen, und wieder durch die Nacht zum Auto zurück stolpern, in München mit dem ganzen Geraffel in den Zug und ab nach… Konstein. Sportklettern.“

Test: „Alpinfabrik“ Martin Feistl, Bilder: (c) David Bruder und Martin Feistl

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