Die Gebrüder Simon und Manuel Gietl konnten am markanten Südwestpfeiler des Magerstein in der Rieserfernergruppe die neue Trad-Route „Heimatbühne“ (8-, 420m) erschliessen. Dies gelang ihnen mit minimalen Materialeinsatz. Der 3.273 m hohe Magerstein ist bei Bergsteigern im Sommer und bei Skitourengehern im Winter sehr beliebt.
Schon mehrmals hatte der steile und meist auch plattige Pfeiler und dessen auffälliger Gipfelsporn während des Aufstieges zur Rieserferner Hütte mein Interesse geweckt. Fast unglaublich, dass sich noch niemand an dieser imposanten und eindrucksvollen Wand probiert hatte. Den schwarzen dunklen Wandstellen im Zentrum der Wand nach zu urteilen, die oft nass zu sein schienen, war mir klar, dass man eine trockene und stabile Wetterphase im Herbst abwarten sollte. Vor einigen Tagen war es schließlich so weit. Im Kopf hatte ich mir eine Linie schon vorgezeichnet. Mein Bruder Simon war von dieser und vom Vorhaben an dieser Wand Hand anzulegen auf Anhieb voll begeistert. Nach knappen zwei Stunden Zustieg konnten wir schlussendlich loslegen und unseren Entdeckergeist freien Lauf lassen. Welch ein erhabenes Gefühl an so einer mächtigen Wand eine Erstbegehung zu starten. Voller Schwärmerei und Tatkraft konnten wir die ersten Seillängen erklettern. Nach dem ersten Drittel steilt sich die Wand zusehends auf. Plattige und technisch anspruchsvolle und moralisch ziemlich anstrengende Abschnitte wechselten sich mit beinahe perfekten und gut abzusichernde Risspassagen ab. Uns beiden war bereits klar, welch großes Privileg wir genießen konnten, in dieser Wandflucht eine eigene neue Linie zu realisieren. Nach knapp der Hälfte kletterten wir einen ausgesetzten und fotogenen schrägen fast 100 Meter langen Quergang zum abschließenden furiosen Finale direkt an der direkten Falllinie des Pfeilers. Die letzten zwei Seillängen boten neben viel Luft unter den Sohlen nochmals begeisternde aber zeitgleich auch ernsthafte und knifflige Kletterstellen. Wir beschlossen, die auffällige enge Verschneidung, die links in Richtung Pfeilerkante zieht, wegen morscher Felsqualität zu meiden. Nach knappen sechs Stunden fielen wir uns am Pfeilersporn zufrieden in die Arme und waren erfreut eine tolle und hoffentlich ansprechende Linie eröffnet zu haben. Das Spannende und Beachtenswerte an der eröffneten Linie ist die Tatsache, dass dieses Zierstück direkt vor unserer Haustür und unweit eines relativ viel begangenen Wanderweg liegt. Das machte den vertikalen Tanz auf der heimatlichen Felsbühne um etliches reizvoller. Nur muss man beachten, dass man auf dem heiklen Parkett der „Heimatbühne“ nicht ins Rutschen kommt. Eine empfehlenswerte Route für motivierte und ambitionierte Alpinkletterer, die Routen mit Hochgebirgsflair und großen Interpretationspielraum für selbstabzusichernde Stellen suchen und schätzen.
Infos zur Erstbegehung „Heimatbühne“:
Erstbegehung: Simon & Manuel Gietl onsight am 26.10.2021
Schwierigkeit: einige Stellen bis 8-, fast durchgängig im 7. Grad
Länge: 10 Seillängen, ca. 420m
Zeit: 6-8 Stunden
Fels: sehr gut bis teilweise sogar ausgezeichnet, einige kurze heikle Stellen
Material: 12 Express, 2 umfangreiche Sortimente Friends, Keile, Haken und Hammer, Doppelseil
Ausrichtung: Südwest
Einstieg: 46.892533/ 12.093827
Charakter: sehr begeisternde und vielseitige alpine Kletterei entlang von Rissen, Platten und Überhängen; teilweise auch sehr heikle und ernsthafte Stellen, vielleicht der künftige „Extremklassiker“ der Rieserferner Gruppe; Felsqualität, Ambiente, Anforderung und Linienführung würden ihriges dazu beitragen.
Absicherung: Einige wenige Stände mit Normalhaken, größtenteils wurde die Standplatz- sowie Zwischensicherungen mobil eingerichtet, die verwendeten Haken wurden auch belassen, genügend Interpretationsspielraum sich im Legen mobiler Sicherungen auszutoben.
Zustieg: Vom Parkplatz Egger Höfe in Antholz Mittertal den Wanderweg Richtung Rieserferner Hütte folgen. Nach gut 1,5 Stunden bzw. 1200 hm (alte hölzerne Biwakunterkunft) den Weg in Richtung Nordosten verlassen und bestmöglichst 2 Geröllgraben queren und dann direkt zum Wandfuß bzw. Einstieg des auffälligen steilen Pfeilers. Einstieg befindet sich auf einem augenscheinlich grasigen ebenen Plätzchen am Fuße eines dreieckigen, plattigen und hellen Felsendreieck.
Abstieg: Vom letzten Standplatz (Köpfelschlinge) zunächst gerade ca. 20 abseilen bis zum nächsten Abseilstand (Haken und Köpfelschlinge) auf einem bequemen Band. Dann weitere 6mal jeweils 50 bis 60 m (zunächst steil und exponiert) gerade abseilen (Prusikknoten). Alle Abseilstände sind mit Schlingen und Karabiner versehen. Am Einstieg angelangt in Südöstliche Richtung gerade über grasigen Rücken absteigen bis man schließlich auf den Wanderweg „Rieserferner Hütte“ trifft. Diesen schlussendlich wieder bis zum Ausgangspunkt in Antholz Mittertal folgen.
Fotos, Topo und Infos: (c) Simon Gietl
Genau, liebe Helga, weil dein Weltbild nicht zulässt, dass sich Gesellschaften und ihr Blick auf die Geschichte verändern und damit…
Allein die Frage scheint ein perfektes Beispiel eines linksgutmenschlichen Bilderstürmers zu sein. Selbstverständlich sind solche Begriffe nicht rassistisch, sondern die…
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