Am 9.Juli gelang Sabine & Marco Wasina, Walter Schierl und Robert Glück die Fertigstellung einer Neutour durch die Ostwand des Gelbeck am Drusenfluhstock im Rätikon. Ca. 300 Meter Wandhöhe verteilt auf 13. Seillängen und mit Schwierigkeiten bis zum achten Grad präsentierte sie eine Fülle von tollem Fels und während sechs Tagen Erschließungssarbeit eine Fülle von neuen Erkenntnissen.
Die Ostwand schenkte unseren Bemühungen eine außerordentlich schöne und steile neue Route. Wie andere Routen schon vorher, war auch diese Route eine Auseinandersetzung mit uns selbst, um Hintergründe hinter unseren eigenen Handlungen zu verstehen.
Entstanden ist eine Linie, durch deren herrlichen Fels wir befruchtet wurden, um anschließend aufgefordert zu werden und zu überlegen, mit welchen Metaphern wollen wir leben und auch mit welchen wollen wir künftig leben.
In einigen Teilen wurde uns der geistige Herrschaftsbereich der Ästhetik aufgedrängt mit der Achtung des möglichen Widerstreits als Basis. „Gedankenreise“ veräußerte metaphorisches Lernen, bei dem es mehr darum ging, Bilder, Metaphern und Glaubenssätze zu Tage zu fördern, die unseren Wahrnehmungen und Lebensäußerungen Sinn verleihen. Eigene gedankliche Konstruktionen und Fokussionen machten manchmal unser eigenes Lernfeld sehr eng und vordefiniert und standen dem eigentlichen Lernen geradezu im Weg. Archetypisches Lernen war ein Grundsatz und schaffte die Offenheit im Prozess.
Wir wurden auch mit dem Zeitalter der Postmoderne konfrontiert, ob wir dies wollten oder nicht. Manchmal nicht angenehm, wurde es doch geschmäht als neue Unübersichtlichkeit und universelle Beliebigkeit, zum anderen offenbarte und rühmte sich das freie Spiel mit den Archiven der Stile, Moden und Techniken.
Nicht mehr ein Thema elitärer Zirkel in dessen Bild wir erscheinen, sondern Lebensrealität. Die „soft skills“ entwickelten sich im Laufe der Praxis und stellten eine Fülle differenzierter Werkzeuge in uns selbst zur Verfügung, sowohl in körperlicher als auch in geistiger Hinsicht.
Die Fülle verbaler, wie nonverbaler, Methoden zur Einkleidung und Zubereitung unserer Metapher, ließ Erfolgserlebnisse herbei führen und das personale Element geriet nicht aus dem Blick und ließ uns unseren eigenen Stil ausbilden. Wertmaßstäbe konnten wir so instrumentieren, dass jegliches Verhalten in dieser Perspektive zum Erfolg umgemünzt werden konnte.
Auf der Ebene der Lernprozesse vertrauten wir den Kräften und Mächten des Unbewußten und bauten oft auf die Wirksamkeit und mythische Macht der Archetypen. So konnten wir unsere Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und lernten, vergangene Erfahrungen mit gegenwärtigen zu verknüpfen und das Bild von Möglichkeiten zu bestätigen und neu zu organisieren.
„Gedankenreise“ schenkte uns wieder Lernprozesse in flexiblen und facettenreichen Paradigmen und hat uns einbezogen ganzheitlich zu sein, in einem Kontext der pragmatisch und sublim erschien. Vielen Dank an meine Begleiter:innen, die auf dieser Reise auch zu Lernenden wurden und viel Spaß und Freude allen Wiederholen mit ihren eigenen „Gedankenreisen“.
BESCHREIBUNG
Eine der kontinuierlichsten modernen Routen im mittleren hohen Teil der Ostwand. Sie bietet ausgesprochen abwechslungsreiche und vielfach auch anhaltende athletische, ausgesetzte Kletterei in wasserzerfressenem Kalk und ist sehr gut abgesichert.
ZUSTIEG
Von Lindauer Hütte: den Weg Richtung Öfapass, nach der ersten Steilstufe links ab Richtung Eistobel und auf Trittspuren (z.T. Steinmänner) unter die Gelbeck Ostwand, welche sich zur Rechten erhebt. Einstieg links der langen Graskrete im vorderen Teil der Ostwand und 200 m links des markanten grauen Wasserstreifens welcher die Ostwand im rechten Drittel durchzieht. Von der Hütte eine Stunde. Der Einstieg befindet sich vor dem großen Block und dem Einstieg und der Gedenktafel der Route Rainer Amann und ist angeschrieben.
ABSTIEG
Über die Route Abseilen. Vom letzten Stand unbedingt nicht zu weit abseilen, weil sonst das Seil kaum abziehbar ist. Ab dem unteren großen Band am besten gerade runter über die Rainer Amann. Auch mit kürzeren Seilen kann gut abgeseilt werden, es sind genügend Standplätze vorhanden.
BENÖTIGTES MATERIAL
14 Express, Verlängerungsschlingen, 60m Doppelseil nützlich.
Location | Rätikon, Drusenfluh, Gelbeck |
Routenverlauf | Gelbeck Ostwand |
Schwierigkeit | UIAA 8 (obligatorisch 7-) |
Länge | 13 Seillängen bis max. 45m |
Zeitbedarf | 4-6 Stunden |
Wandhöhe | ca. 300m |
Einstiegspunkt | Siehe Bild unten, DG 47.031456, 9.808801 |
Erstbegehung | Sabine, Marco Wasina, Walter Schierl und Robert Glück, 09. Juli 2022 |
Autor | Text, Bilder, Topo: © Marco |
Alma, jetzt bleib mal bei deiner Meinung und werd nicht gleich wankelmuetig weil sich die Elite bzw die sich dafür…
Ich glaube vom Schraubenkopf ist nur ein Foto im Buch aber eine Route wird dort nicht vorgestellt. In der Liste…
Vergleicht man mit der Tante oder der Kleinen Herkulessäule da stimmt das natürlich, aber im Vergleich mit dem Campanile Basso…
Der Bloßstock ist ja eher ein "Koloss" und keine Nadel... ;-) In der Sächsischen Schweiz sind die Tante und die…
Was für eine Leistung! Diese Monsterwand, die aus dem Almboden herauszuwachsen scheint, alleine zu durchklettern und das in dieser Zeit,…