Eine viel zu heisse und arbeitsreiche Bürowoche geht zu Ende, und mit zu vielen in-den-Ferien-in-den-Süden-Fahrern (sind die irre?) geht’s Richtung Gebirge, einen kühleren Kopf bekommen. Philipp ist zum Glück dabei, das vereinfacht die Tourenwahl: Risse, möglichst klassisch/clean. So stehen wir zu später Stund‘ (18:00) unter der Fleischbank Nordwand, bis hierher hab‘ ich schon ein Liter Wasser verdunstet und nachgefüllt. Kleiner Schönheitsfehler diesbezüglich: die Sonne ist auch schon (wieder?) da. Die gut 100 m hohe Wand liegt am Abstieg vom Fleischbankpfeiler, einige Male/Jahre hat’s gedauert, bevor ich die offensichtlichen Risslinien überhaupt bemerkt habe und noch eine Weile länger um herauszufinden, dass die 4 offensichtlichsten in den frei-wilden ‘80ern erstbegangen wurden – in den Führer haben’s die Teile nämlich von Markus nicht geschafft, was ihnen erfahrungsgemäß nicht zum Nachteil gereichen muss, auf der Homepage finden sich die notwendigsten Infos – klingende Namen wie A. Orgler und P. Koller inklusive.

Wir packen den untersten, gleich nach der Nordgrat-Einstiegsrinne gelegen „Spalt“ an – überhängender Schulterriss im 7ten Grad klingt prima. Erst Mal allerdings 40 Klettermeter durch latent bis offensichtlich brüchiges, eher unübersichtlichen „Zustiegsgelände“ bis zum 5 Grad – die 2H danach zeigen nicht wirklich den Weg – und logisch, schöner und immer noch mit Vorsicht zu genießen weitere 40m durch das Risssystem links eines abgespalten Pfeilers für mich bis zu gemütlichem Stand (H, Friends) am Spalt-Fuß. Philipp steckt bald im Überspalt, es dauert ein wenig bis #6 liegt. Dann verschwindet er und ich bin dran: im Nachstieg weniger verklemmt und herrlich ausgespreizt-ausgesetzt. Zum Nordgrat queren (ausgesetzt), Absteigen und 25m abseilen…reicht das noch für den Schnapsriss? Es reicht: 40 steile Rissmeter (inklusive fist-hand-stack-Passage, hier ist #5 echt Gold wert) für mich und eine kurzer, dafür umso steiler Ausstiegsaufschwung für Philipp. Wer’s nachmachen will: Risshandschuhe, doppelte, auch große Friends, Klemmtechnik und Eier nicht vergessen! Um 22:00 gibt’s auf der Grießner Alm sogar noch eine Suppe (und Bier, was jetzt nicht verwundert….es wird gesungen, gesoffen, gelacht bis 2:00 – das weiß ich so genau, weil die Truppe 10 Minuten fürs Einsteigen ins Auto benötigte, das blöder Weise knapp neben meinem Freiluftschlafplatz stand und freundliche bis ziemlich genervte Bitten meinerseits zur Einhaltung eines gewissen Lärmpegels sich als völlig fruchtlos bis kontraproduktiv erwiesen).

Trotzdem, deswegen oder erst Recht ging’s im Morgengrauen zur Predigtstuhl Westwand, „Direkte Nordwestrisse“ – Julius berichte. Viel (mehr) gibt’s nicht zu sagen (ausser vielleicht, dass man irgendwie zur mehr oder weniger offensichtlichen Schwachstelle im Wandriegel nach dem Ostler-Zustieg finden muss, danach einfach den H und schönsten Rissen nach… und dass alle Stände mit 2 neuen Schlaghaken markiert wurden), daher Zitat Philipp: „war ja wohl die geilste Seillänge bisher im Kaiser“ …das spricht für sich (bzw. für die Route) ?! Um 11:00 stehen wir im Bonzog-Kessel, Nebel zieht um die höchsten Kaisergipfel, die Westkante am Südgipfel wird gegen pünktlich heim kommen eingetauscht…mal wieder… was auch das Stichwort bleibt: wir kommen Mal wieder!

Text und  Bilder: (c) David Bruder