Erstmal die nackten Zahlen:

Marmolada-Südwand: „Moderne Zeiten“ VIII,

1. Begehung: H. Mariacher/L. Iovane 1982,

23 Seillängen, 850 m Wandhöhe, Kletterlänge: 950 m

Material: 2x 60 m Seil, Camalot #0,1 – #3, Rocks #1 – #10, 14 Expressschlingen (lang!), Sanduhrschlingen

Soweit die nackten Zahlen. Auf meiner Wunschliste stand dieser Klassiker ja schon lange. Erst mit Helmut Wenin aus Meran war ein Partner gefunden, der begeistert mit von der Partie ist. Letztes Juniwochenende 2019: heißes Wetter, 40 °C im Tal und beste Bedingungen. Wir sind früh am (falschen) Start und ich verklettere mich zweimal grandios in der 9. Seillänge. Danach sind meine Nerven am Ende und wir treten mittags den Rückzug an.

Am ersten Augustwochenende sind gute Bedingungen vorausgesagt, und es soll nicht ganz so warm werden. Sind 8 Grad am Gipfel warm genug? Am Samstag Nachmittag hängen wir gemütlich die erste Seillänge ein und starten am nächsten Morgen früh um 4:30 Uhr von der Falier Hütte. Das gefrorene Schneefeld am Einstieg lässt sich durch die eingebackenen Steine gut überwinden und um kurz vor 6 Uhr sind wir startbereit. Im Toprope klettert sich die erste Seillänge mit kalten Fingern bei 3°C deutlich entspannter. Wir kommen gut voran und stehen um 9:30 Uhr am Umkehrpunkt von vor fünf Wochen. Länge 9 hat es dann aber auch in sich. Die Schuppe geht noch relativ einfach. Aber an der Querung muss ich zweimal ansetzen, die Griffe sind klein, weit auseinander und auf dem einzigen wirklichen Tritt ist der Wechsel nicht leicht. Vor allem wenn der letzte Cam drei Meter unter den Füßen hochkant in einem Loch steckt. Der Zug in die Wasserrille löst sich dann erfreulich leicht auf, und dank Camalot #3 lässt sich die Rinne selbst perfekt abzusichern.

Die beiden Seillängen bis aufs Band gehen schnell und problemlos vorbei. Dort treffen wir 3 Italiener aus der Vinatzer/Messner und teilen uns die Vorräte. Zu lange dürfen wir aber nicht in der Sonne verweilen. Aus dem Dach der nächsten Seillänge läuft das Wasser, so dass ich mich für die Direkvariante aus der Gogna entscheide. Direkter, besser abgesichert und trocken sind zu verlockend. Danach beginnen die grauen Platten des oberen Teils. Die Wegfindung ist nicht immer einfach, und die Topos sind nur eine grobe Orientierungshilfe. Kletterbar ist dort fast alles, allein die Absicherung ist nur auf der originalen Route wirklich vertretbar.

In Seillänge 18 halten wir uns nochmal viel zu weit nach rechts. Dort sind auch Haken, aber das ist eine andere Route. Zurück auf dem richtigen Weg folgt die Modernen Zeiten wirklich schönen Löchern und Wasserrillen. Die Absicherbarkeit ist bis auf den Runout in der 20. Seillänge erstaunlich gut. Und jede Seillänge ist auf andere Weise gut und anspruchsvoll.

Um 20:30 Uhr stehen wir bei Sonnenuntergang auf dem Gipfel der Punta Rocca. Im letzten Licht queren wir über das Schneefeld zur Bergstation der Seilbahn. Ich plädiere für ein Biwak, aber Helmut muss morgen um 14 Uhr in der Arbeit sein. Also rutschen wir 500 m über die Schneefelder bis zur Schotterwüste der Skipiste. Die neue Stirnlampe leistet wirklich gute Dienste. Um 23 Uhr sind wir glücklich zurück beim Auto am Fedaia Pass. Leider hat die Küche des Ristorante schon geschlossen. So gibt es ein Snickers und eine Cola zum Abendessen.

Fazit: die Modernen Zeiten sind wirklich eine grandiose Tour. Die Absicherung ohne Bohrhaken ist bis auf einen kleineren Runout in der 20. Seillänge ok (E3). Klemmkeile und ein kompletter Set Cams bis Größe #3 ist allerdings Pflicht. Außer der Einstiegsverschneidung ist kein Speck in der Route. Ob’s an der Absicherung liegt?

Text: (c) Sebastian Schwertner