Ab den 2. November wurden Corona-bedingt wieder alle Boulder- und Kletterhallen in Deutschland geschlossen. Derzeit ist noch das Klettern in allen „natürlichen“ Freiluftklettergebieten erlaubt. Für die Unfallstatistik 2019 des Deutschen Alpenverein (DAV) und KLEVER Kletterhallenverbandes hat Corona natürlich noch keine Einfluss. Hoffen wir, dass die Hallen bald wieder alle geöffnet haben. Kommt gesund und unfallfrei durch diese schwere Zeit!

Kletterhallenunfallstatistik 2019

Mittlerweile zum fünften Mal erstellen der DAV und KLEVER zusammen eine Unfallstatistik zu Unfällen in künstlichen Kletteranlagen. Das Klettern und Bouldern in künstlichen Kletteranlagen kann weiterhin als Trendsport bezeichnet werden, dem viele Menschen in Deutschland nachgehen.

Die Zahl der gemeldeten Unfälle macht dabei nur einen Bruchteil der Kletterhalleneintritte aus und zeigt, dass Klettern eine sehr sichere Sportart ist. Das gemeinsame Ziel der Verbände ist, möglichst wenige Unfälle in künstlichen Kletteranlagen verzeichnen zu müssen. Die gesammelten statistischen Daten sollen in künftige Ausbildungen mit einfließen, um letztlich den Klettersport noch sicherer zu machen.

Die Zahl der von DAV und KLEVER betreuten Mitgliedshallen beträgt zur Zeit über 250 und deckt somit den größten Teil der Kletteranlagen in Deutschland ab. Es werden lediglich Unfälle erfasst bei denen ein Rettungsdiensteinsatz nötig wurde, da in diesen Fällen meist eine recht gute Datenbasis vorzufinden ist.

Obwohl die gemeldeten Unfälle, sowohl beim Seilklettern als auch beim Bouldern, über den Zahlen der Vorjahre liegen, sind diese im Vergleich zu den anzunehmenden durchgeführten Seilkletter- bzw. Bouldervorgängen immer noch sehr gering. Der Anstieg der Zahlen wird vor allem auf ein sich langsam verbessertes Meldeverhalten der einzelnen Hallen zurückgeführt. Es ist aber davon auszugehen, dass die Dunkelziffer an Unfällen immer noch hoch ist und leider noch immer nicht alle Unfälle gemeldet werden.

Unfälle mit Rettungsdiensteinsatz

In der Statistik werden lediglich Unfälle erfasst, bei denen ein Rettungsdiensteinsatz erfolgte, da in diesen Fällen meist eine recht gute Datenbasis vorzufinden ist. Im Jahr 2019 wurden insgesamt 220 Ereignisse mit Verletzungen erfasst. Beim Bouldern passierten die meisten Unfälle (145), beim Klettern wurde in 66 Fällen der Rettungsdienst gerufen.

Verletze Körperregion

Die gemeldeten Verletzungen können in folgende Bereiche kategorisiert werden: Kopf, Rumpf, Arme und Beine sowie multiple Verletzungen. Bei multiplen Verletzungen handelt es sich meistens um schwerere Verletzungen, bei denen häufig auch der Kopf und/oder der Rumpf betroffen sind.

 

Alle nicht genau zuordenbaren Verletzungen wurden als „Sonstiges/keine Angabe“ eingestuft.

 

Beim Bouldern ist, wie in den Vorjahren, die Anzahl der Verletzungen an den Extremitäten (Armen und Beinen) sehr hoch (86%). Aus den Unfallprotokollen wird deutlich, dass die Verunfallten meist nur geringe Erfahrung mit Abspringen und kontrollierten Stürzen haben.

 

Beim Seilklettern ist der Anteil an Kopf-/Rumpfverletzungen sowie multiplen Verletzungen, mit prinzipiell schwerwiegenderen Folgen, höher als beim Bouldern. Dabei führt oft ein Zusammenspiel mehrerer ungünstiger Faktoren zum Unfall (zum Beispiel Unaufmerksamkeit, Schlappseil, neues (dünnes Seil), Gewichtsunterschiede innerhalb der Seilschaft…)

Unfallausgang

Beim Bouldern endeten die Unfälle meistens mit einem Mattensturz. Anprall- und Sportverletzungen, sowie Kollisionen sind hier eher selten. 46% der gemeldeten Unfälle beim Seilklettern endeten mit einem Bodensturz (n=30), aber auch Anprallverletzungen sollten bei der Unfallanalyse nicht vernachlässigt werden. Diese machen immerhin 27% des Unfallgeschehens beim Seilklettern aus. Die meisten Unfälle ereigneten sich beim Vorstieg (ca. 60%). Auch Unfälle beim Ablassen sind keine Seltenheit- so ereigneten sich 10 der 30 Bodenstürze beim Ablassen. Der Ablassvorgang ist eine besonders heikle Situation, da hier der Kletterer mit vollem Gewicht im Seil sitzt- die Sicherungskette wird also permanent belastet und ein Kontrollverlust des Sicherungsgerätes wirkt sich direkt aus.

Nach wie vor ein Problem: Bodenstürze durch Einbindefehler

Trotz aufklärender Partnercheck-Kampagnen kam es auch im letzten Jahr wieder zu „Einbindefehlern“ – entweder der Knoten war fehlerhaft, oder die Verunfallte Person hatte sich nicht (korrekt) eingehängt. Insgesamt 5 Bodenstürze hätten durch einen ordentlich durchgeführten Partnercheck vermutlich verhindert werden können. Besonders kurios: in einem Fall kam es bei einem sehr alten Gurt zu einem Versagen der Anseilschlaufe/Gurtriss.

Unfallrisiko in Kletterhallen sehr gering

Betrachtet man das Unfallrisiko pro 1000 Stunden Sportausübung, zeigt sich, dass das Risiko in einer Kletterhalle zu verunglücken beim Bouldern ca. 9 mal so hoch ist wie beim Klettern (vgl. Abbildung).

Man müsste ca. 5560 Stunden Bouldern oder 50.000 Stunden Klettern, bis man einen Unfall mit Rettungsdiensteinsatz hat.