Was macht man nach der 24h-Gewaltaktion (München – Bare des Ecrins Südpfeiler – Auto) sinnvoller Weise? Ausschlafen, eben! Und das ganze mit Blick auf die Königin der Dauphine: hoch oben (nämlich 2500hm höher) ragt die Meije steil, unnahbar und majestätisch aus ihrem Gletscherbett in den stahlblauen südalpinen Himmel. Trifft sich gut, dass die Bahn von La Grave (ein wirklich nettes Bergsteigerdorf, wie Cham oder Zermatt – nur ohne die irren Auswüchse des Massentourismus) erst um 8:30 fährt. Hier starten wir ausgeschlafen aber spät den Zustieg zur direkten Südwand – reichlich indirekt, aber eigentlich eine herrliche Genusstour mit viel Wandern in wilder Landschaft, leichtem Gekraxel in bergelligem Granit (bis II), Gletscheraufstieg mit spannendem Bergschrund und (endlich!) der geliebte Dauphine-Schotter zum Col de la Meije. Von dort ein kurzer Abstieg (II-III oder Abseilen an BH und heuer eine fein abzurutschende Schneezunge zum südseitigen Gletscherchen und einigen Minuten zum Adlerhorst der Promotoir-Hütte. 4h anregende Stunden dauerts, also mehr wie Klein-Winckler angibt…aha?! Erst mal Suppe + Kuchen, dazu eine Panasch-Schmerztherapie für mich (seit ich vor kurzem einen Artikel „Bier hilft besser gegen Kopfweh als Paracetamol“ – und ist besser für die Leber – gelesen habe, gibt’ ne Ausrede und ich hab ein neues Ritual ) und eine Überraschung: Erdmann erkennt die Hüttenwirtin (wirklich leckerer Kuchen!) wieder: war letztes Jahr bei unserem Besuch des Olans in der Fonts-Turban-Hütte am werkeln – Erdi wegen der seltsamen grünen Suppe ganz besonders gut in Erinnerung geblieben (mir wohl nicht so, ich löffel so was einfach aus) – des Rätsels Lösung übrigens: Brennesselsuppe! Sie erinnert sich wohl erst, als wir noch 3l Wasser kaufen, so beschwert-beschwingt und auch erleichtert (jaja, ein feines Haiserl gibts da) verkünden, dass wir jetzt mal gemütlich Richtung Südwand schauen. Sie ist berechtigter Weise besorgt … ich verspreche also, mich spätestens von der Aigles-Hütte zu melden. Kurz oberhalb der Hütte (der Fels ist hier per 20mm-Stahlseile und fette Felsanker seit dem Bergsturz letztes Jahr fest verschnürt) gehts ca. 80m eine Art Klettersteig horizontal nach Norden in die Ostwand des Promotoirgrats hinaus, dann 40m abseilen und an Fixseilen absteigen und wir sind ohne die direkte, steinschlägige Abseilrinne bequem am Gletscher unter der Wand.

Hier witzeln wir im Anblick tiefer Einschlagkrater, dass wir einige Lacher sicher haben, falls wir hier kurz vor 3 Nachmittags vom Steinschlag erwischt würden – von der ich-habs-ja-gleich-gesagt-schadenfroh-Fraktion – welche enttäuscht wird, auch wenn wir nur in der Theorie Gas geben (real ist der Geist willig, das Fleisch schwach) – und wir ungeschoren über den heuer einfachen Bergschrund kommen: nix Steinschlag aus der Wand, nur in der Zygmondi-Rinne rumpelt gewaltig (Erdi: „die kannst deinem Erzfeind oder für Scheidung-Alpin empfehlen“). Dass man bis kurz vor den großen Kamin solo gehen kann, kann man glauben und machen, muss man aber wollen…wir wollen nicht, sondern lieber die Stiefel dran lassen und sichern gleich den Schluchteinstieg (III, brüchig-dreckig-steil) und nach ca. 50m Querung auch einen steilen Kaminriss (10m IV, SH und H) mit anschießender Plattenquerung (kurz IV, H, insg. 50m) zum Gehgelände. Rechts der Restschneefelder vermuten wir den Einstieg und diese helfen auch, den Flüssigkeitshaushalt zu sanieren. Dort finden wir einen BH-Stand und steigen auf Kletterschuhe und Seil/t-blocks um. Gut 3 SL gehts für mich leicht rechts aufwärts (II, Stellen schwerer, wenige H), dann ist Erdi dran. Kaum ist unser 40m Seil aus und ich am Nachsteigen, stockt’s und ich hab Zeit, die Wandstelle vor mir (griffarm und ausgesetzt, H, IV – V) zu studieren und über das vorgefunden Gestein zu sinnieren – oft bombenfest und kompakt, aber eben kein Cham-Granit: eher so Wallis-Gneis von der guten, rothornmäßigen Sorte – bevor es weiter geht: zu einem kurzen, steilen Riss mit anschließender wackelig-glatter Querung (H, hart V). Von Erdi’s Stand schnell einen Riss hoch und intuitiv nach links über griffiges, freies Wandl und ich bin am Beginn des „Cimine Vert“ … und auch schon fast oben: oft mehr wandig als kaminig, zunehmend mehr H, Nässe, sogar Eis und Schwierigkeiten (bis VI+), zum Schluss am Klemmblock links zu Stand an 2 H – Material vollständig verballert. Angeblich gibts links eine trockene Variante mit BH – aber: keine Zeit für so neumodischen Schnickschnack. Erdi macht weiter: wackelig zurück in den Kamin und über wackelige Blöcke und Riss (2 H, IV-V) hoch zur erkennbarer Bänderzone … Seil stockt, ich werd’ unruhig: 5+, das kann doch nicht so lange…! Komme nach, wir suchen seilfrei gemeinsam – links passt nicht, gerade sieht nicht gut aus, rechts also?? Ich fluche ziemlich – wahrscheinlich habe ich intuitiv eine Ahnung, wer den Einmannbiwaksack bekäme – ich nicht, den trägt Erdi – und der erträgt meinen schlechte Laune stoisch („bringt ja nix“ – recht hat er). irgendwo links steige ich ein: steile, schwarze Wand, oben ein Riss…V, mit H – aber das erste mal von der ganz wackeligen Sorte – drüber einfacher, dann ein offensichtlicher, links hochziehender Riss, noch so ein H, Stand an Block. Ob das passt? der Riss geht weiter, endet dann aber in unklarem Gelände (H) – ich quere lieber vorher steil, aber griffig einige Meter links in die Wand: hurra, hier ist’s einfacher, dann recht hoch auf ein Band mit SH. Weiter könnt ich rechts ausgesetzt queren, kein Material. Also hoch: links ein Stand mit Karabiner – Verhauerabseiler?!, rechts Stand und H und ein Rissüberhang, der die Grenze des menschenmögliche sprengt – also: kurz VI, A0 an Friends – dann noch etwas weiter rechts, leichter – und verdammt, 20m zu hoch – oberhalb einer offensichtlichen Rampenzone, die findet sich im Topo. Schlinge um Block gespendet, runter mit uns. Erdi ist schon los, ich hechle hinterher – erst rechts, dann Rampe links, Scharte – da oben das Ende? Es zieht sich noch etwa 200m mit t-blocks: erst plattig-griffig-leicht-linkshaltend, dann unklar-wandig-rechts der Kante (Stellen IV, wenige H) zu kleiner Kanzel auf Kante – hier noch Risskaminverschneidung (H, V) und: OBEN, fast – es fehlen noch 30hm Stiefelgelände. Wird auch Zeit, es zieht ganz schön frisches Lüftchen. Schlussspurt, Umarmung, Panoramaphoto – runter! (2x knapp 40m abseilen und Abklettern zur Scharte, schnell weiter…zu tief! Steigeisen und wackelig zum Fixdrahtseil, Sonnenuntergang, weiter zum Gipfel, Grat entlang – mehr rennen als steigen – Abseilen, das ganze nochmal. Am Zentralgipfel ist der Vollmond da, eine Schau, wenn’s nicht so kalt und dunkel wäre – nur eine Stirnlampe und keine Daune war ne blöde Idee. Wir seilen 3x ab – zuletzt an einem fast zu perfekt platzierten Felsblock im Eisfeld oberhalb des Bergschrunds, den jetzt unsere Schlinge ziert. Endlich nur noch wandern/wanken – pünktlich um 24:00 laufen wir auf der Hütte ein, finden ein Bettchen, schlafen kurz aber schlecht: um 4:00 geht das Rambaza los. Für uns ganz gemütlich, 3 harte Eier, Kaffee, viel Tee, Plausch mit dem Hüttenwart (ja, er hat uns beobachtet und ja, er hat auf der Promotoir Bescheid gegeben). Im ersten Licht gehts ins Tal – die 1800hm ziehen sich, nix im soften Schnee surfen, hart wie ? … auf jeden Fall zu hart! Im Tal dann…erst mal kein Auto, naja: a bissl was geht schon noch. Dann doch eine nette MfG zum Auto an der Bahnstation – fehlt nur noch knapp 800km Motorsport und meine Lieblingstour: direkter Sofa-NO-Pfeiler – aber dann mach ich nix mehr!

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Text und Bilder: (c) David Bruder